Mandau
Objekt | Mandau, „parang ilang“, „malat“ |
Kultur | Ost-Borneo, Kalimantan, Dayak, Kajan/Bahau |
Zeit | vor 1880 (belegte Provenienz) |
Maße | Länge: 68 cm |
Material | Stahl, Weichmetall, Hirschhorn, Rattan, Ziegenhaar, Holz, Tierhaut, Kordel, Palmblatt, Perlen, Textilie |
Der Griff dieses mandau, das vor 1880 datiert werden kann, basiert in ornamentaler Hinsicht auf dem aso-Motiv. Auf die eingehängte Spirale wurde verzichtet. Man erkennt hier deutlich, wie die Körperteile des aso in die egel-artigen (lemetak) Fortsätze einmünden, die so oft mit dem „blood-sucking“ der Klinge assoziiert werden (Heppell 2005). Die Egel-Formen dürften vielmehr grundsätzlich auf aso-Formen zurückgehen (Zähne und Krallen), die das Opfer des Kajau, der traditionellen Kopfjagd, verschlingen bzw. absorbieren. Dieses ist bisweilen in geknickten Elementen und Stegen (Gliedmaßen) noch erkennbar. Vor allem nach oben hin, zur Griffkrone, werden die Zahnreihen ausgeprägter und deutet darauf hin, dass der aso sich dem „Reiter“, dem aufsitzenden menschlichen Wesen, das von der Initiation und Kopfjagd sozusagen vereinnahmt wird, zuwendet und es empfängt. Unterhalb des aso ist der Schädel des kajau-Opfers als diskreter Halbkreis zu erkennen. Die Schädel wurden im Rahmen der Übernahme-Rituale nach der „Kopfjagd“ quasi adoptiert und in die eigene Gemeinschaft aufgenommen – es ist schwierig, sie von ihrem Symbolgehalt als Verkörperungen reiner Lebensenergie von den Initianten, den zukünftigen Erzeugern neuen Lebens, zu trennen.
Die Schnitzarbeit ist tief und plastisch und mutet fast „Max-Ernst-artig“ an. Die Handhabe ist mit sehr feinem Rattangeflecht überzogen.
Die Klinge (mata) ist einfach und schmucklos, aber von guter Qualität. Sie ist aus Raffinierstahl, was auf eine Fertigung um 1850 oder früher hindeutet. Deutlich erkennt man den Härteschatten, denn alle mandau guter Qualität sind selektiv, d.h. nur entlang der Schneide gehärtet.
Die Scheide mit den pusat-blanak-Zierknoten ist ein Kunstwerk hohen Ranges und ein außergewöhnliches Beispiel für mandau-Scheiden. Sie besteht aus besonders schönem ausgesuchtem ranggu-Holz (ranggu, Koordersiodendron pinnatum, eine Cashew-Nussart) mit dreidimensionalem Lüster (nginden). Ornamentfelder, die sich entlang dem Rückenbereich bis zum Spitzenbereich hinziehen, zeigen das aso in abstrahierter Form. Am Scheidenfuß tritt er nochmals plastisch zutage. Ein Knocheneinsatz (von einem menschlichen Schienbein) bildet einen dezenten Farbakzent. Im Mundbereich der Scheide ist das abstrahierte gerundete Schädel-Motiv zu erkennen, das die Funktion des Schwertes reminisziert. Der fein geflochtene Trageriemen ist mit rotem Stoff appliziert, was ein aus dem nördlichen Borneo stammendes Stilelement aufgreift und an Illanún- und Iban-Schwertern sowie auf Mindanao häufiger anzutreffen ist. Im muslimischen Bereich steht ein Stoffstreifen auch für ein Gebet an einer Waffe – ein durchaus passendes, sprechendes Detail.
Insgesamt ist dieses mandau-Ensemble von hoher Bedeutung, vor allem auch wegen der exzeptionellen Scheide.
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