Borneo

Borneo ist die größte Insel Asiens und nach Grönland und Neuguinea die drittgrößte Insel der Welt – mehr als doppelt so groß wie Deutschland. Sie wird von etwa 18,5 Millionen Menschen besiedelt, von denen sich etwa 3,5 bis vier Millionen als Dayak verstehen. Die Landesfläche liegt bei 740.000 Quadratkilometern und teilt sich politisch unter drei Staaten auf: das Sultanat von Brunei Darussalam im Norden, Malaysia mit seinen Bundesstaaten Sabah und Sarawak im Norden und Westen und Indonesien mit der Region Kalimantan im Süden und Südosten. Mehr als zwei Drittel der Insel gehören zu Kalimantan. Borneo unterscheidet sich vom übrigen indonesischen Archipel durch die fehlende Vulkantätigkeit. Das Land, das bis vor einigen Jahrzehnten fast vollständig von einem mächtigen, fast geschlossenen Urwald bedeckt war, wird von den großen Flüssen unterteilt, deren größter, der Kapuas, in seinen Abmessungen etwa dem Rhein entspricht. Entlang dieser Flüsse verlief die Besiedelung, die ursprünglich aus Südwest-China erfolgte. In der Song-Zeit (960–1279) wurde die Seestraße zwischen Borneo, China und den Philippinen sukessive ausgebaut. In dieser Zeit machten sich auch auf Java stärkere chinesische Einflüsse bemerkbar und dasselbe darf auch für Borneo angenommen werden. Während der Majapahit-Zeit (14. Jahrhundert) unterhielten die Küstenstaaten von Borneo intensive Beziehungen zu Handel treibenden Chinesen. Auch Ortsnamen deuten häufig auf chinesische Präsenz hin. Der Name Kinabatangan bedeutet „Chinesischer Fluss“, und Mt. Kinabalu (mit ca. 4.100 Metern der höchste Berg Indo-Malaysias) heißt „Berg der chinesischen Witwe“. All das deutet in Vebindung mit den archäologischen Befunden auf intensive Beziehung zu China seit früher historischer Zeit hin.

Die Dayak, die als indigene Bevölkerung Borneos bzw. Kalimantans gelten, gehören zu den austronesisch sprechenden Gruppen. Die austronesischen Sprachen bilden eine sehr weit verbreitete Sprachfamilie mit insgesamt etwa 1.150 Sprachen, die von rund 300 Millionen Menschen gesprochen werden. Kennzeichnend für die Lebensweise aller Dayak ist, dass sie entlang der Flüsse siedeln und Trockenreisanbau betreiben. Das geht einher mit einer in den Grundzügen gemeinsamen Weltanschauung und religiösen Konzeptionen. Im Küstenbereich Borneos dominiert die malayisch-muslimische Bevölkerung das ethnische Szenario. Im Inneren von Sarawak und Kalimantan, an den Flüssen Kayan, Matakam, Rajang und Baram, siedeln die Stämme der Kayan und Kenyah. Im Hochland von Zentral-Borneo sind die Lun Dayan und Lun Dayeh ansässig, die gemeinhin als Murut bekannt sind. Dies ist allerdings ein eher unpräziser Terminus, der primär auf die Inlandbewohner von Sabah angewendet wird. Die Kenyah werden oft mit den Kayan zu der ethnischen Bahau-Großgruppe zusammengefasst. Traditionell leben alle Bahau-Dayak in Langhäusern und betreiben Brandrodungs-Feldbau. Ihre Sprache gehört zu der etwa 16 Sprachen umfassenden Gruppe der Kayan-Murik-Sprachen. Der ethnisch-geografische Oberbegriff Bahau bezieht sich auf Bevölkerungszahlen zwischen 25.000 und 30.000 Menschen für jede Gruppe. Von Malaien, Javanern und anderen Dayak werden sie als orang ulu oder „Flussaufwärts-Leute“ bezeichnet oder auch als orang asli („echte Menschen“).

Die Iban-Dayak gehören zu den zahlenmaßig stärksten Dayak-Gruppen. Sie sind in West-Kalimantan, Sarawak, Brunei und Sabah ansässig und galten früher als aggressive und mobile Kopfjäger. Die fortwährende Expansion der Iban und Kenyah lässt sich auch auf den Wanderfeldbau zurückführen, der jede Langhaus-Gemeinschaft zwang, etwa alle zehn Jahre weiterzuziehen, um neue Reisanbauflächen in harter Arbeit aus dem Primärdschungel gewinnen zu können. In Zentralkalimantan ist die große Gruppe der Ngaju-Dajak (etwa 400.000 Menschen, die sich in acht Hauptstämme unterteilen) in Nachbarschaft der von ihnen kaum zu unterscheidenden Ot Danum, Manayan und Luangan am Barito-Fluss ansässig. Diese vier Gruppen sind sich sprachlich und in anderen Belangen sehr nahe, ihre Wirtschaftsweise unterscheidet sich nicht von der der Bahau. Die Dusun- oder Kadazan-Dayak zeigen sprachlich und kulturell dagegen deutliche Nähe zu den südlichen Philippinen; sie sind ebenfalls teilweisemuslimisch. Zu den größeren Gruppen gehören ferner die Melanau in Sarawak und die sowie diverse Gruppen an Mahakam-Fluss, Tunjung und Lawangan. Insgesamt werden etwas 3,5 Millionen Einwohner Borneos zu den Dayak-Gruppen gerechnet. „Punan“ hingegen bezieht sich auf eine Vielzahl kleinerer Gruppen; Urwaldbewohner, die sich von der Jagd und Waldfrüchten sowie wildem Sago ernähren, teilweise auch von Fischfang. Dazu gehört eine Gruppe von kleineren Ethnien, die offenbar noch ältere Wurzeln in Borneo haben als die Dayak, z. B. Ot, Ukit oder Bukit bzw. Bukitan etc.

Die Religion und Kosmologie der Dayak wird unter dem Namen kaharingan zusammengefasst. Man kann sie vereinfachend als eine Form von Animismus (Beseeltheitsglauben) ansehen, in vieler Hinsicht vergleichbar dem dem shinto („Weg der Götter“) in Japan. Die Bezeichnung wurde 1944 von Tjilik Riwut während seiner Zeit als Kolonialbeamter der „Dutch East Indies“in Sampit eingeführt. Im Rahmen der Neuen Ordnung im Suharto-Regime 1980 wurde kaharingan als eine Form des Hinduismus ausgewiesen, weil der indonesische Staat nur sechs Formen von Religion anerkennt: Islam, Protestantismus, Katholizismus, Hindusimus, Buddhismus und Konfuzianismus. Die Intergration des kaharingan in den Hinduismus ist nicht auf Ähnlichkeiten im theologischen System zurückzuführen, sondern darauf, dass es die früheste Glaubensform in Kalimantan ist, so wie der Hinduismus die älteste „Hochreligion“ ist. Im Gegensatz hierzu gilt kaharingan in Malaysia und Brunei nicht als Religion; die traditionellen Dayak Glaubenssysteme (in diesem Fall primär Iban und Kenyah sowie Bidayu) gelten als „Volks-Animismus“ oder „Heidentum“, im (abwertenden) Sinne von Aberglauben.

Die wichtigste Organisationsform im Alltag ist das Langhaus. Die Konstruktion auf Hartholzpfählen (belian) konnte Hunderte von Metern lang sein. Gewöhnlich ist es an einem terrassierten Flussufer gelegen. Die Privatabteilungen werden durch die öffentliche Plattform bzw. Veranda erreicht. Die Länge variiert von knapp über 100 bis zu über 500 Meter. Sie haben eine Tür für jede Familie. Es scheint, als seien Langhäuser aus der Not bzw. dem Zwang zur Verteidigung entstanden. Der öffentliche Bereich in der vorderen Hälfte verläuft entlang der gesamten Länge des Langhauses und ist nicht durch Wände oder sonstige Abgrenzungen unterbrochen. Architektonisch handelt es sich damit letztendlich um eine Galerie. Die privaten Wohnräume sind entlang dieser Galerie im hinteren Teil des Langhauses aufgereiht. Der innere Aufbau eines Langhauses ähnelt damit durchaus westlichen Reihenhäusern oder der typischen Bauweise amerikanischer Motels. Die Felder können mehrere Stunden Fußmarsch vom Langhaus entfernt sein; in diesem Fall werden saisonal Feldhütten genutzt.

Die drei wichtigsten Aktivitäts-Zyklen auf Borneo, mit denen die Kopfjagd unmittelbar zusammehängt, sind Reisanbau, Bestattung und Initiation. Initiation bedeutet in letzter Konsequenz ein „Briefing“ der Seele und das Vorwegnehmen des Todes bzw. des Seelenweges in die Unterwelt, aus der alles Leben kommt. Fruchtbarkeit und Tötungen im Rahmen des kajau, der Kopfjagd, stehen also in unmittelbarem Zusammenhang. Ausgewiesen wird die Teilnahme an den wesentlichen Übergangsriten durch Tatauierungen. Es gibt z. B. Kindbett- Tatauierungen, denn die Schwangerschaft ist ähnlich gefahrenreich wie der Krieg und wird in gleicher Weise gewürdigt.

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