Mandau
Objekt | Mandau „parang ilang“, „malat“, „baieng“ |
Kultur | Borneo, Kalimantan oder Sarawak, Dayak, Kenyah |
Zeit | spätes 19. Jahrhundert |
Maße | Länge: 73 cm |
Material | Stahl, Weichmetall, Holz, Rattan, Menschenhaar |
Dies ist ein typisches Beispiel für ein mandau bzw. ein baieng aus dem Kenyah-Gebiet. Die Klingen der Kenyah-mandau sind meist länger und oft schwerer als die der Kajan und der explizit einseitige Anschliff der Kajan-mandau ist nicht zwingend gegeben. Die Klinge weist einen hohen Grad an Elaboriertheit aus, was die Zierformen angeht. Klingen dieser Art werden usang bilah genannt („glatte Klinge“). Klingen mit durchstochener Meißelarbeit, die zusätzliche technische Schwierigkeiten mit sich bringt, nennt man usong ikang. Die Variante mit mata kalong-Doppeldrachen am Ansatz wird usong betong genannt, allerdings kommt dieses Motiv an Kenyah-Klingen nicht vor, sondern ist eine Spezialität der Kajan. Die Klinge des vorliegenden Stückes zeichnet sich durch einen sehr guten Erhaltungsgrad bzw. eine professionelle Restaurierung aus. Der Stahl ist vorindustriell hergestellt (frühes bis Mitte 19. Jahrhundert) und hat eine feine Textur mit einem dezenten Härteschatten im vorderen Schneidenbereich. Die Klinge ist mit laufenden S-Sinien (bei Kajan: matajoh) punziert, dazwischen finden sich Felder mit eingesetzten Messingstiften. In einigen Bereichen sind die punzierten Ziermotive, die mit einem feinen Meißel kalt eingeschlagen wurden, als Übergangsformen zwischen aso- und matajoh-Formen ausgeprägt. Ihnen wohnt eine sexuelle Konnotation inne, die Dekorformen an mandau-Klingen werden sowohl mit weiblichen als auch mit männlichen Geschlechtsorganen assoziiert, wie Vergleiche mit Hauspaneelen zeigen (Nieuwenhuis). Die Klinge ist einseitig geschliffen und als sehr hochwertig anzusehen.
Der Griff, der aus dunklem, sehr hartem Holz geschnitten ist, zeigt beispielhaft das Bildprogramm von mandau-Griffen. Es ist relativ selten, dass ein derart hochwertiger Griff aus Holz gefertigt ist. Die Handhabe ist mit feinem mehrfarbigem Rattan umflochten. Der Hauptast des Griffes, welcher das aso verkörpert, ist mit sehr feinen eingehängten Spiralen und stilisierten Schädelmotiven sowie Egeln (lematak) versehen, was in dieser Konstellation die Kopfjagd per se als Forderung des aso, des Unterweltdrachens, versinnbildlicht. Der obere Teil bzw. die Griffkrone ist als sehr stilisierte anthropomorphe Figur zu erkennen, erkennbar durch die beiden „Arme“. Anstelle des Gesichtes sind wiederum Spiralen appliziert. Am Übergang zum Haupt-aso ist eine sehr elegante eingehängte Spirale als Kernmotiv eingeschnitten, die quasi den Weg des Initianten und Kriegers und seine direkte Einflussnahme auf den Weg der Seelen ins Jenseits (und zurück) verkörpert. Vor dem Initianten liegt also sein Weg zum aso ausgebreitet, dem Herrn der Unterwelt, der auch als personalisierte Fruchtbarkeit gesehen werden kann. Das Prinzip entspricht dem der eleusinischen Mysterien und dem Orpheus-Mythem.
Letztendlich knüpft kajau bzw. die Kopfjagd an die Statuserhöhung der vergöttlichten Ahnen im Jenseits an, die die Unterweltreise bestanden haben und deren astrale Daseinsformen immer vom Wirken der lebenden Nachkommenschaft mitbestimmt werden, da die jenseitige Welt ein spiegelbildliches, idealisiertes Abbild des Diesseits ist. Das Schwert ist also eine Zusammenführung der dayak’schen Kosmologie auf engstem Raum.
Weiterführende Literatur Zurück zur Raumansicht