Schwert, Langmesser „labo to dolo“ „dua lalan“
Objekt | Schwert/Schwertmesser, Langmesser, „labo to dolo“ „dua lalan“ |
Kultur | Sulawesi, zentrales Hochland, Sadan-Toraja |
Zeit | 18./19. Jahrhundert |
Maße | Länge: 67,50 cm |
Material | Holz, Stahl, Rattan |
Die Klinge dieses labo-Schwertmessers ist relativ schwer und kopflastig und hat eine Form, die vor allem bei den Sa’dan-sprechenden Toraja üblich ist. Der Rücken ist leicht herabgezogen, die Schneidenlinie beschreibt eine leichte S-Linie. Im Spitzenbereich, wo die Klinge am breitesten ist, zieht die Schneide in einem relativ scharfen Bogen zum Rücken hinauf. Der Querschnitt ist flach-bikonvex, die Schneide ist dünn ausgeschliffen und ziemlich scharf. Die Klinge hat eine ausgeprägte Schmiedestruktur und ist definitiv aus lokal erschmolzenem Metall (pamor luwuk) geschmiedet, was sich optisch in strähnigen hellen Adern niederschlägt. Diese haben eine organische Anmutung und sind wesentlich für die „Seele“ der Klinge, da das Erschmelzen aus dem lokalen Erz, welches aus den Bergen, dem Sitz der Vorfahren, stammt, einem magischen, transformatorischen Prozess gleichkommt. Die Klinge ist mit Schwefelarsenik (Realgar) schwärzlich patiniert.
Die Knauf-Form ist als stilisierter Nashornvogel zu interpretieren. Die Assoziation des Nashornvogels mit der ritualisierten Kriegsführung ist im gesamten metallzeitlichen austronesischen Kulturgebiet bekannt. Der Nashornvogel hat als Begleiter und Führer der Seelen ins Jenseits die Menschen in der Urzeit die Kriegsführung und die Kultivierung der Nutzpflanzen gelehrt.
Die mit diesen Klingen ausgeführte Kopfjagd bzw. das Opfer von Menschen und Büffeln steht im Zusammenhang mit den elaborierten Bestattungsriten der Toraja, die der Status-Erhöhung der Ahnen im Jenseits dienen. Diese war ursprünglich wohl als Totenbegleitung angelegt. Die Bestattung kann sich über viele Jahre und etliche Stufen hinziehen und auch enorme Ausgaben generieren: ein gradueller Prozess, um die Domäne der Seelen, puya, zu erreichen. Im Rahmen der Feierlichkeiten werden die mumifizierten Toten wiederholt neu eingekleidet und durch die Dörfer getragen – ein Prozess, der mittlerweile zu einer touristischen Attraktion geworden ist. Die traditionelle Kosmologie des aluk to dolo beinhaltet die pusaka-Vorstellung, in diesem Sinne die immaterielle „Anreicherung“ von unbeseelten Objekten mit Seelenstoff der Vorfahren. Daher sind die Herkunft des Metalls und der Schmelzprozess von besonderer spiritueller Bedeutung, ebenso wie die Vorbesitzer, deren Seelen in der Klinge quasi teilweise verbleiben. Diese Konzeption ist im indischen Großraum nur bedingt bekannt und kann als spezifisch „austronesisches“ (heute: indonesisches, mela-/polynesisches) immaterielles Kulturgut angesehen werden.