Mandau

Dieses mandau kann den Bahau-Dayak zugeschrieben werden, den nach dem Bahau-Fluss als Siedlungsgebiet benannten Dayak, die in Ost-Kalimantan (Indonesien, West-Kutai-Regentschaft) ansässig sind. Einige Autoren weisen Schwerter dieser Art den Mendalam-Kajan zu, aber das ist wohl zu spezifisch, denn Klingen dieser Art wurden zwischen den Gruppen verhandelt.

Dies ist ein mandau höchster Qualität, dessen Klinge von den Longglat oder Ma Suling (Bahau-Dayak) im fortgeschrittenen 19. Jahrhundert (1850–1880) hergestellt wurde. Das Gebiet der Longglat befindet sich im östlichen Gebiet des oberen Mahakam-Flusses. Den Longglat wurden laut Schwaner (1853) früher durchgängig die besten Klingen zugeschrieben. Die Longglat und Ma Suling waren auch die letzten Dayak, die das Schmelzen von eigenem Eisen (bzw. Stahl) praktizierten. Die Ma Suling sind östlich der Kajan ansässig. Die Apo Kajan- und Mendalam-Gebiete am oberen Mahakam waren allerdings alle Zentren der mandau-Herstellung (nach Nieuwenhuis 1907, 267–272). Daher sind präzise Zuweisungen fragwürdig und die Forschungslage erlaubt keine allzu pointierten Festlegungen auf Stammesgebiete.

Die Klinge hat einen doppelt abgesetzten Rücken und ist im vorderen Teil mit feinem Eisenschnitt in Form von erhabenen und eingetieften Spiralen und dem Element li potong versehen, dessen Herstellung die höchste Form des Eisenschnitts an mandau verkörpert. Das Doppelloch an der breitesten Stelle ist für Longglat-Klingen charakteristisch und scheint, wie Schwaner (1853) bezeugt, eine Art Markenzeichen gewesen zu sein. Die Klingenflanke ist mit gereihten Sternen und Doppel-S-Linien (mata kalong) in Silber und Kupfer eingelegt. Die Innenflanke ist leicht hohlgeschabt, die Klinge hat ein leicht geschweiftes Längsprofil. Das Metall scheint industrieller Fertigung zu entstammen (englischer Importstahl). Laut Nieuwenhuis – er belegt dies anhand von Vergleichen mit Wand-Zierpaneelen und Tätowiermotiven – stellen die Eisenschnitt-Ornamente geschlechtliche Motive, weiblich wie männlich, dar. Die Benennung der Klingen richtet sich nach der Ornamenttiefe. Tromp klassifiziert die einfache Form der Klingen nach einheimischen Informanten als leng ook monong, longna (mit eingefeilter Verzierung), lidjip (mit eingefeilter Verzierung, Durchbrüchen und den feinen „Rüsselchen“, Spiralen und Schnörkeln) und li potong, die wohl elaborierteste Form der Rückenzier, die ausschließlich bei den Longglat- und Bahau-(Ot Danum-) Klingen vorkommt.

Der Griff ist aus Hirschgeweih in Kajan-typischer Form, wie sie jedoch auch bei Ngaju-Dayak vorkommt. Das Knaufelement ist flächig in stilisierte Zahnreihen als Reminiszenz an den aso (Drachen) und Blutegel-Motive aufgelöst, die Handhabe mit feinem Rattan umflochten. Oben im Knauf eingeklebt ist ein Büschel Menschenhaar. Kohong kalunan oder hudoq (Gesicht; Maske) ist eine überlieferte Bezeichnung für den gesamten Griff bzw. das Design, die auf die Zweiergruppierung Bezug nimmt, denn in der Gestaltung des Griffes ist immer – wenn auch bisweilen unsichtbar – eine Paarung aso-Drache und Mensch (Kopfjäger/Initiant oder auch Opfer des kajau, als „wandernde Seele“) angelegt. Ob das sogenannte Blutegel-Motiv (lintah) wirklich diese Bedeutung hat, wird sich nicht mehr ohne Weiteres aufklären; es scheint eher, dass es als Grundform aus dem Zhou- und Han-Formenspektrum erhalten geblieben ist und uminterpretiert wurde. Der mandau-Griff als Gesamtheit bildet die Darstellung des Fabelwesens aso bzw. Erdgottheit naga pahoda („Pferdeschlange“), des Drachenwesens, das, wohl ausgehend vom Krokodil als aquatisches Ahnentier, landwirtschaftliche Fruchtbarkeit gewährleistete und Menschen-Opfer forderte. Darauf angeordnet ist eine stilisierte oder völlig in Details aufgelöste menschliche Figur (ein Kulturheros oder Ahn oder aber Initiant) oder aber das Opfer, das vom Drachen angenommen wird. Daher sind mandau-Griffe in der Grundanlage zweiteilig aufgebaut: der Haupt-aso (der Drache, der die Unterwelt verkörpert) und die darauf angeordnete anthropomorphe Figur, die die Mittelwelt und menschliche Sphäre verkörpert. Die Aktivitäten des Lebens, vor allem die Übergangsrituale, werden durch die eingehängte Spirale verkörpert, die fast immer anzutreffen ist (abgesehen von den stark abstrahierten Varianten).

 

Objekt Mandau „parang ilang“, „malat“
Kultur Borneo, Ost-Kalimantan oder Kutai, Mahakam/Bahau-Gebiet, Ma Suling oder Longglat, Kajan-Gruppen
Zeit Mitte 19. Jahrhundert

Maße

Länge: 64 cm

Material

Stahl, Hirschhorn, Rattan, Haare, Weichmetall

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