Seelenschiff (II)
Das Seelenschiff ist auf ein Holzbrett gemalt, welches in den Farben Rot, Schwarz, Weiß ausgeführt ist. Bei den Pigmenten handelt es sich bei Schwarz wohl um gebrannte unreife Kokosnuss-Schalen, bei Weiß um dem Saft des Ficus religiosa und bei Rot um Drachenblut, welches mit Kokosöl angerieben wird.
Die Seele des Verstorbenen hält sich bis zur Bestattung in einem wie diesem Holzbrett auf, welches über der Türe aufgehängt wird. Man beachte mittig die Überdachung mit der Graburne und den darüber aufgehängten Gongs.
„Auf der Insel Kalimantan (Borneo) leben die Ndadju Dayak. Sie geleiten ihre Toten mit einem Schiff in das Totenreich (siehe auch Seelenschiff I). Das Sterben beginnt aber schon vor dem Tod. Einige Zeit vor seinem tatsächlichen Tod bekommt jeder Mensch ein Zeichen seines baldigen Endes. Eine völlige Umwandlung seines Charakters setzt ein. Sobald die Angehörigen eine derartige Veränderung bemerken, opfern sie dem mächtigen Sangiang, dem Halbgott Tempon Telon, um das Geschick abzuwenden. In aller Stille trifft man jedoch die Vorkehrungen für den Todesfall. Stirbt jemand, wird die Leiche von dem nächsten Verwandten mitten im Haus auf eine schöne Matte gelegt. Die Augen bedeckt man mit Goldmünzen, damit der Tote seine Angehörigen nicht mehr anschauen und damit Schaden anrichten kann. Um ihn herum werden seine persönlichen Besitztümer aufgestellt. Man streut Reis auf die Leiche, damit die Reisseele Gana der Seele des Verstorbenen folgt und ihr im Jenseits als Nahrung dient. Ebenso wird der Tote mit möglichst kostbarer Kleidung ausgestattet. Die Einflüsse des Todes wölben sich wie eine Glocke über Häuser und Dorf. Sie verhüllen das Dorf in Nebel. Vor allem die Verwandten des Toten sind diesen Einflüssen ausgesetzt. Es ist die Aufgabe der Priesterinnen, durch die Zeremonie des Tantolak matei am dritten oder siebten Tag nach der Beisetzung das Dorf vom Unheil des Todes zu befreien. Dazu rufen sie Sangiang um Hilfe an. Noch wichtiger ist es, die Reisseelen in die Oberwelt zu schicken, damit sie sich dort in Regen verwandeln und das Haus und das ganze Dorf von den Einwirkungen des Todes reinwaschen.
Doch nicht die Zeremonie des Tantolak matei lässt den Toten im Totenreich ankommen, sondern erst das Tiwah-Fest. Solange hält sich die Seele in einem Holzbrett auf, auf das Totenschiffe gemalt sind und das am Haus des Verstorbenen aufgehängt wird.“
(aus „Reise ins Jenseits“ Maria Susanna Cipoletti)
Objekt | Seelenschiff II |
Kultur | Borneo, Dayak |
Zeit | 20. Jahrhundert |
Maße | H: 26 cm B: 60 cm |
Material | Weichholz, Pigmente |