Schwert „parang pandat“

Das hier vorliegende Objekt ist ein parang pandat oder pandit der Bidayuh-Dayak, die früher als „Land-Dayak“ (im Gegensatz zu den „See-Dayak“, den Iban) bezeichnet wurden.

Der pandat gehört ohne Frage zu den eigentümlichsten Schwertformen der Welt. Es scheint zwei Formen zu geben, die pandat der Si’din Dayak, die länger sind und eine gegabelte Spitze haben, und die pandit der Bennah, die unserem Beispiel entsprechen. Die Klinge unseres Stückes geht, wie bei beiden Formen üblich, integral in den „Griff“ über, wenn man die stählerne Handhabe als solchen bezeichnen will. Bennah-pandat scheinen meist etwas leichter und kürzer als die Exemplare der Si’din zu sein. Der Übergang zum „Griff“ ist fließender und weniger abrupt gewinkelt. Bei Bennah-parang ist das Querstück integral geschmiedet – im Gegensatz zu Si’din-Schwertern, die an dieser Stelle ein durch den Klingenhals gestecktes Stäbchen (sekak) aufweisen. Wie auch bei unseren Stück, endet der Griff i.d.R. in einem scharfen Dornfortsatz, auf den in beiden Typen Messing-Hütchen oder Elfenbeinelemente aufgesteckt sind (in unserem Fall aus Messing). 

Die Klinge ist klar erkennbar aus Raffinierstahl. Sie zeigt auf einer Seite deutliche Spuren von Warmbruch (was der Brauchbarkeit nicht abträglich ist). Das ist auf Elemente wie Aluminium oder Phosphor oder/und auf zu hohen Kohlenstoffgehalt in Verbindung mit hoher Schmiedetemperatur zurückzuführen und kommt bei traditionell erzeugtem, d. h. nicht-industriellem Stahl häufig vor. Dieses Merkmal ist – bedingt – ein Indiz für hohes Alter (sehr viel mehr als der oft „überbewertete“ Rost), da alle Ethnien von Borneo im fortgeschrittenen 19. Jahrhundert Zugang zu importiertem Stahl hoher Gleichmäßigkeit hatten. Die Maserung ist prägnant und deutet auf lokal erschmolzenes Metall hin. Auf der glatteren Seite findet sich eine feine fließende Schmiedetextur, die fast wie beabsichtigt (im Sinne von pamor) wirkt, es aber nicht ist, denn bei Klingen dieser Art spielt eine bewusste Mustersteuerung keine Rolle. 

Der Bereich der Handhabe ist mit einem dicken Zinnmantel umgeben. Zinn ist auf Sulawesi (Toraja, Minahasa), dem kulturell damit nahe verwandten Nordteil von Borneo, und Timor sowie den mittleren und nördlichen Philippinen ein Metall, dem eine hohe Symbolkraft eigen ist, und das erfolgreichen Kriegern (Kopfjägern) vorbehalten ist. Ob das auf die Bedeutung von Zinn für die Herstellung von Zinnbronze in der Vor-Eisenzeit zurückzuführen ist, muss spekulativ bleiben, kann aber angenommen werden.

Über die Art der Benutzung wurde viel spekuliert, was aber m.E. der Thematik der Bedeutung dieser Klingenform nur bedingt dienlich ist. Es kursiert das Gerücht, dass mit der Klinge wegen der eigentümlichen Biegung nur von unten nach oben zugehauen werden konnte oder dass sie beidhändig benutzt wurde, ähnlich einem japanischen Schwert, in „spaltenden“ Hieben von oben. Beides ist ausgeschlossen, da die Krieger stets einen Schild benutzen. Die gerundeten bis spitzovalen Bidayuh-Schilde utap, die sich von den Schilden der Kajan und Kenyah grundsätzlich unterscheiden, können in der Tat eigenständige Kunstwerke sein und genießen einen hohen Status. Der Schild war zum Kampf ebenso unerlässlich wie das Schwert selbst, da meist zunächst Wurfspeere oder sogar Wurfhölzer zum Einsatz kamen, die mit Klingen kaum zu parieren sind (ganz abgesehen von Blasrohr-Darts oder Pfeilen, die früher ebenfalls üblich waren). Auch die geringe Größe macht eine zweihändige Handhabung unwahrscheinlich.

Die Bidayuh, die in der englischsprachigen Literatur früher vor allem als Land-Dayak bezeichnet waren, werden terminologisch auch heute zu den Dayak-Gruppen gerechnet. Diese Bezeichnung (wörtl. von daya, gekommen) ist allerdings fragwürdig, denn es sind eklatante kulturelle Unterschiede z. B. zu den Kajan und Kenyah oder auch zu den malaiischen Iban zu verzeichnen – sowohl in der Kunst als auch in Sprache und Gesellschaftsordnung. Der nur bei diesen Ethnien bekannte Schwerttyp pandat (wohl von pandai, Schmied oder Gelehrter; im Sinne von „Kundiger“) dürfte extrem alt sein und noch aus der frühen Eisenzeit stammen (bzw. die indische Formengruppe prädatieren), denn es bestehen auffällige Ähnlichkeiten mit einem altertümlichen Schwerttyp der Naga in Assam. Die Schwerter haben möglicherweise tibetische Ursprünge, wie auch die Sprache der Naga tibeto-malaiischer Prägung ist. Die Bidayuh wurden durch die in der ersten Hälfte des zweiten Jahrtausends wohl aus Sumatra kommenden Iban (hivan, die „Wanderer“) teilweise verdrängt bzw. vermischten sich mit diesen. Dieser Prozess lässt sich wiederum gut an den Klingenformen ablesen: die am Griff abgebogenen Schwerter parang latok und pandat der Bidayuh unterscheiden sich deutlich von den gleichmäßig gebogenen Iban-Klingen, die eine deutliche turko-malaiische Prägung haben und sicher osmanisch/seldschukisch beeinflusst sind (14.–16. Jahrhundert; als jimpul, nyabor/parang nabur). Latok ist letztlich ein pandat mit malaiischem Griff. Wiederum ganz anders geartet sind die einseitig geschliffenen mandau der Ost-Dayak (Kajan), die eher an philippinische (Visayas-)Formen denken lassen.

Das Hauptsiedlungsgebiet der Bidayuh liegt an den Oberläufen der Flüsse Lundu, Sarawak, Sadong und Samarahan. Die traditionelle Wirtschaftsweise ist Subsistenzwirtschaft auf der Basis von Trockenreis und Jagd. In alten Quellen wird von Langhäusern gesprochen, aber heute sind fast alle traditionellen Langhäuser durch einzelne Häuser mit Straßen ersetzt worden. Ein wichtiges kulturelles und architektonisches Merkmal der Bidayuh war das Häuptlingshaus (ehem. Schädelhaus), das heute gern als „nationales“ Symbol bemüht wird. Dieses baruk ist ein Rundbau, der auf etwa 1,5 Meter hohen Pfählen steht. Fruchtbäume, besonders der Durianbaum, dienen seit jeher zur Kennzeichnung von Besitz. Heute siedeln die Bidayuh im Südwesten des zu Malaysia gehörenden Bundesstaates Sarawak und der angrenzenden indonesischen Provinz Kalimantan Barat. Der größte Teil der Bidayuh in Sarawak lebt heute in den Verwaltungsdivisionen Kuching und Samarahan in einem Umkreis von etwa 40 Kilometer um die als „Greater Kuching“ bezeichnete Region. Heute sind viele Bidayuh allerdings in Kuching, der Hauptstadt von Sarawak, ansässig. Die meisten Bidayuh-Siedlungen befinden sich in den ländlichen Gebieten von Lundu, Bau, Penrissen, Padawan und Serian, wo sie zumeist auch die größte Bevölkerungsgruppe stellen. Es werden heute in Sarawak drei sprachliche Gruppen ausgewiesen: Biatah, Bau-Jagoi und Bukar-Sadong. Anhand von Unterschieden im Wortschatz und der Betonung können Einheimische jedoch oft die Herkunft eines Sprechers aus einem bestimmten Dorf erkennen. Da nicht alle Dialekte gut untereinander verständlich sind, wird oft Malaiisch oder Englisch als Verkehrssprache genutzt.

Objekt Schwert „parang pandat“, „parang pandit“
Kultur Borneo, Nord-Sarawak
Zeit 18./19. Jahrhundert
Maße Länge: 59 cm
Material Stahl, Weichmetall
Weiterführende Literatur Zurück zur Raumansicht