Schwert „parapat“
Objekt | Schwert „parapat„, „pakayun“ |
Kultur | West-Borneo |
Zeit | 19. Jahrhundert |
Maße | Länge: 93 cm |
Material | Stahl, Weichmetall, Holz, Rattan |
Das hier vorgestellte Schwert hat eine gebogene, einschneidige Klinge mit einem kräftigen Rücken. Die Spitze wird durch den abrupt zur Schneide abfallenden Rücken gebildet. Das Metall zeigt eine deutliche Schmiedetextur, was vermuten lässt, dass sie aus lokal hergestelltem Stahl stammt. Der hölzerne Griff endet in einer ausgeprägten Gabelung. Er besteht im Griffkorpus aus Tayuman-Holz (Cassia laevigata), das im gesamten indonesisch-malaiischen und philippinischen Großraum als Waffen-Griffholz weithin verbreitet ist. Die Handhabe wird durch eine verlängerte Zwinge aus Gelbmetall gebildet, die eine starke Alterspatina aufweist. Sie wird optisch durch umlaufende Wülste gegliedert. Die Zwinge endet klingenseitig in einer tellerartigen Erweiterung, die einen moderaten Handschutz bietet. Der obere Teil des Griffes ist mit feinem Rattan umflochten. Die Scheide besteht aus zwei Schalen aus hartem dunklem Holz, die zur Aufnahme der Klinge ausgehöhlt sind und durch mehrere breite Messingbänder zusammengehalten werden. Die Flanken sind konkav ausgearbeitet und mit geometrisch-ornamentalen, im Flachrelief ausgeführten Schnitzereien dekoriert. Sie setzte sich aus Flechtbändern und Zickzack-Linien zusammen, die in rechteckige Felder einbeschrieben sind. Die Form des Griffes mit dem verbreiterten, gegabelten Ende und die säbelartig gebogene, relativ schmale Klinge ist auf nordafrikanisch-algerische Schwertformen (saif, nimcha) zurückzuführen. Die verbreitete Bezeichnung pakayun beruht auf einem Missverständnis. Paka-yun bedeutet einfach „etwas, was getragen wird“. Der korrekte Ausdruck für diese spezifische Waffenform ist parapat, was mit pada, sanskrit „Schwert“, zusammenhängt.
Unter osmanischer Ägide gelangten spätestens seit dem 16. Jahrhundert zahlreiche, durch nordafrikanische Soldtruppen begleitete muslimische Kaufleute nach Nord-Borneo, wo Aussichten auf lukrativen Handel mit Kampfer, Gewürzen, Gold sowie kostbaren Steinen bestanden. In der Blütezeit des osmanischen Reichs im 16. Jahrhundert entwickelte sich ein regelrechter Wettlauf der Osmanen, Perser und Araber um die besten Handelspfründe in Konkurrenz mit den aufstrebenden europäischen Handelsmachten Portugal, Spanien und später England und den Niederlanden. In dieser Zeit war der turko-osmanische kulturelle Einfluss im südostasiatischen Archipel sehr stark.
Die Waffe ist, wenn auch die Dekorformen deutliche Übereinstimmungen mit denen der Illanún und Lumad-Gruppen Mindanaos aufweisen, nur bei den Murut verbreitet. Die Murut sind eine ethnogenetisch definierte Großgruppe, die 29 Untergruppen in den gebirgigen Inlandregionen Sarawaks und Sabahs beinhaltet. Die Sprachen gehören zur austronesischen Sprachfamilie. Murut-Sprachen werden vor allem in Sabah, Malaysia einschließlich in Sarawak, Brunei und Kalimantan (Indonesien) gesprochen. Die Murut waren eine der letzten Gruppen Sarawaks, die die traditionelle Kopfjagd aufgaben. Heute sind die meisten Murut zum Christentum oder Islam konvertiert. Die Lebensweise in Langhäusern, die auf Subsistenzwirtschaft (Reis, Sago, Tapioka, Gemüse und vieles andere Feldfrüchte) beruht, wird weitgehend beibehalten. Murut (orang murut) bedeutet übersetzt so viel wie „Menschen der Berge“.
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