Blasrohr „sumpitan“

Das exemplarische Blasrohr ist aus einem Stück Hartholz des Niagang-Baumes  gearbeitet. Die Lanzenspitze ist aus beidseitig geschliffenem Stahl mit Ziselierung und Messing-Intarsien hergestellt. Starke Rattanbänder halten die Spitze am Schaft und verhindern Aufspliss.

Das sumpitan (auch leput, lohinglambi, spiut, sumpit) ist eine Kombinationswaffe (Blasrohr und Lanze) aus Borneo. Es wird dort von den unterschiedlichen Dayak-Gruppen, aber auch den Punan, den vor-malaiischen Einwohnern des gebirgigen Inlands, als Jagd- und Kriegswaffe benutzt. Es hat in Südostasien eine lange Geschichte; Blasrohre werden bereits an candi Borobudur (9. Jahrhundert) dargestellt. Früher waren auf Borneo auch Bogen üblich, die heute nur noch – durch das sumpitan verdrängt – im rituellen Kontext verwendet werden. 

Verwendung findet das Blasrohr hauptsächlich für die Jagd von kleineren Tieren wie z. B. Zwerghirschen oder in Baumkronen befindliche Vögel und Affen. Bei der Großwildjagd kommt es seltener zum Einsatz, wenn überhaupt nur zur Betäubung des Wildes. Für das Jagen von Großwild kommen geeignetere Waffen wie der Speer oder die Jagdlanze zum Einsatz. Ein geübter Schütze kann mit dem Blasrohr auf eine Entfernung von 60 Meter sein Opfer tödlich treffen. 

Die Herstellung eines guten sumpitan ist eine technische Meisterleistung. Ein grob zugehauener Stämmling oder gerader Ast von der Länge des späteren Blasrohrs (ca. 160 – 240 cm) von 7 – 10 cm Durchmesser wird in eine Vorrichtung eingespannt, in der er am Boden aufsitzt und nicht verrutschen kann. Mit einem langen stählernen Bohrer oder Meißel wird das Holz über die gesamte Länge sukzessive durchbohrt; die Bohrspäne dabei regelmäßig mit Wasser ausgespült. Das letzte Stück des Rohres wird von der entgegengesetzten Seite aufgebohrt. Eine Begradigung wird durch Biegen des Rohres unter Erwärmung erreicht. Die verbleibende geringfügige Biegung wird ausgeglichen, indem die Zielvorrichtung so angebracht wird, dass sich das Holz beim Zielen durch das Eigengewicht in die Geraden zieht. Wenn die Rohrbohrung fertiggestellt ist, wird die Innenseite fein bearbeitet. Hierzu werden Rattanschnüre unter Zugabe von Sand durch das Rohr gezogen. Die feinste Politur geschieht mit der Hilfe von Ton und Kalkpuder. Nach Fertigstellung des Rohrs wird an einem Ende eine Lanzenklinge befestigt und an der Befestigungsstelle am Rohr mit Rattanschnüren umwickelt, um einen festeren Halt zu gewähren. Die Lanzenspitze wird meist aus Stahl geschmiedet, aber in manchen Fällen kommen auch Spitzen aus Eisenholz (Eusideroxylon zwageri, Familie der Lauraceae) zum Einsatz. An der Seite, die der Lanzenspitze gegenüberliegt, wird oft eine Zielhilfe, ein „Korn“ (kiahulon) aus Holz, Knochen oder Metall angebracht. An das Mundstück ist meist ein Ring aus Dammarharz angebracht, der als Auflage für die Lippen dient. Das Gift für die Pfeile aus Palmblattrippe oder Bambussplittern wurde aus dem Upasbaum gewonnen, er wird auch als Giftbaum bezeichnet und gehört zu den Maulbeergewächsen.

Objekt Blasrohr „sumpitan“
Kultur Borneo, Dayak
Zeit Um 1900
Maße Länge: 213 cm
Material Holz, Rattan, Stahl