Beil „dao

Objekt Beil „dao“ (milemnok dao)
Kultur Konyak-Naga, Ang-Gruppe, Indien/Assam oder Myanmar
Zeit 19. Jahrhundert
Maße Länge: 66,50 cm
Material Stahl, Holz, Rattan, Ziegenhaar


Dao
ist ein Überbegriff für schwere, langgriffige Haumesser, die bei den Naga allen täglichen Anforderungen nebst kriegerischen Anwendungen gerecht werden müssen. Sie existieren in einer Vielzahl von Formen und Größen, die sich von Ethnie zu Ethnie unterscheiden. Das milemnok-dao, das wir hier sehen, vertritt einen alten, hochgeschätzten Typ, der nur bei den Konyak-Naga bekannt ist. Es hat ein kurzes Blatt mit konvexem Schneidenprofil. Der lange, hölzerne Stiel ist vorne durch eine starke Eisenzwinge gegen Aufspalten bei hartem Gebrauch gesichert und hat im hinteren Bereich eingesetzte rotgefärbte Ziegenhaar-Büschel. Der vordere Teil, der bei den meisten Tätigkeiten gegriffen wird, ist mit durch lange Benutzung stark abgewetztem Rattan-Flechtwerk überzogen. Der Anschliff der Klinge ist einseitig gehalten und daher individuell nur für Rechts- oder Linkshänder geeignet, wie bei einem Zimmermannsbeil. Charakteristisch ist die doppelte Vertiefung im Rücken und die Punzierung, die das Beil unverkennbar machen und die sich schon auf Darstellungen auf Bronzeobjekten (Kesseltrommeln) aus dem zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung erkennen lassen. Das Metall der Klinge ist lokaler Fertigung. Früher waren die Konyak bekannt dafür, dass sie ihr eigenes Eisen erschmolzen und janglau, das Konyak-Wort für dao, daraus schmiedeten.

Das Tragen dieses spezifischen Beils ist Statusausweis der ang. Die ang (oder wang) sind traditionelle sakrale und säkulare Dorfoberhäupter, die als Vertreter der Ahnensphäre als heilig und unantastbar erachtet werden. Ihr Wort ist Gesetz. Sie beteiligen sich nie an einem Kriegszug, um die Gefährdung gering zu halten. Ihre Bedeutung wird besonders deutlich bei aoleng, dem größten Festival der Konyak (gefeiert im April), gewidmet Kahwang, dem „höchsten Wesen“, bei dem der Frühling willkommen geheißen und die Aussaat gesegnet wird. Dieses Festival war neben der Initiation und dem Erntefestival lao ong mo im August und September der Hauptanlass zu Kopfjagdzügen. Die erbeuteten Köpfe wurden üblicherweise im Gemeindehaus baan und im Junggesellenhaus aufgehängt. Die Zahl der genommenen Köpfe erhöhte den Status eines Kriegers und seines ganzen Dorfes.

Die Konyak gehören zu den zahlenmäßig stärksten Naga-Gruppen. Sie leben in Tirap, Longding, und den Changlang-Distrikten in Arunachal Pradesh; im Sibsagar-Distrikt (Assam) und in Myanmar. In Arunachal Pradesh sind sie auch als Wancho bekannt. Die Konyak betrieben die Kopfjagd mit Sicherheit noch bis vor wenigen Jahrzehnten und galten als sehr kriegerisch. Gesichts- und Handtatauierungen wiesen den erfolgreichen Kopfjäger aus. In Nagaland bewohnen die Konyak den Mon-Distrikt, der auch als „Land der Ang“ bezeichnet wird. Die Konyak-Sprache gehört zur Untergruppe der nördlichen Naga-Sprachen der Sal-Gruppe, die zum Sino-Tibetischen zählt.

 

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