Schwert „Sumara penai“

Objekt Schwert „Sumara penai“
Kultur Südost-Sulawesi, Bare´e-Toraja
Zeit Anfang bis Mitte 19. Jahrhundert
Maße Länge: 73,30 cm
Material Stahl, Holz, Rattan, Horn ‚Wasserbüffel („kerbau“)

Das hier vorgestellte Schwert hat eine gerade, einschneidige Klinge mit keilförmigem Querschnitt. Sie verbreitert sich zur Spitze und zeigt eine prägnante Metallstruktur, die auf das Zusammenschmieden und mehrfache Falten unterschiedlicher Materialien zurückzuführen ist. Der Kern der Klinge, der an der Schneide hervortritt, wird durch eine dünne Lage harten Stahls gebildet. Der Griff aus Wasserbüffelhorn ist im hinteren Teil rechtwinklig abgebogen und weist geometrische Schnitzereien im Flachrelief auf. Er ist am ausladenden Ende gegabelt und erinnert entfernt an ein geöffnetes Krokodilmaul. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass der Kopf des Nashornvogels mit dem hochgeschwungenen Balzhorn hier ursprünglich Pate stand. Die Scheide aus poliertem braunem Cashew-Holz läuft am Fuß in ein in Ranken-Ornamente eingebettetes Schlangen- oder Drachen-Haupt aus. Sie wird durch feine geflochtene Rattan-Bänder zusammengehalten. Durch einen verdickten Bereich in der Gegend des Schwerpunktes war eine Tragekordel geführt, die heute fehlt. Im Flachrelief geschnittene Felder mit Blüten-Ornamentik lockern die strenge Form an mehreren Stellen auf.

Ganz klar wird bei der Gestaltung der Scheide auf die traditionelle Kosmologie mit der Weltschlange Naga Pahóda als Verkörperung der Unterwelt und Fruchtbarkeit angespielt. Die Ranken dürften als stilisierte Weltenbaum-Emblematik zu interpretieren sein. Schlange und Weltenbaum sowie der Nashornvogel (im Griff) verkörpern die traditionelle Kosmologie und Dreiteilung des Kosmos in drei Ebenen: Ober-, Mittel- und Unterwelt. Große Horngriffe von aufwändiger Fertigung stehen für Prestige, denn Büffel verkörpern Reichtum und Einfluss. Die Form des Schwertes mit ausladendem, gespaltenem Hornknauf, wie das hier vorgestellte Stück, wird sumara genannt, form-morphologisch eine Untergruppe der penai, der traditionellen Bare’e-Schwerter. Die Kunstformen der Toraja lassen, wie auch andere Merkmale ihrer materiellen und geistigen Kultur, noch sehr deutliche Bezüge zu festländischen bronzezeitlichen Kulturen (z. B. Dong-S’on) erkennen.

Die Ortsbezeichnung Tana Toraja für das Siedlungsgebiet der Toraja rührt von der buginesischen Bezeichnung to riaja, „Leute des Gebirges“ her. Heute gibt es etwa 1.100.000 Angehörige der ethnogenetischen Großgruppe „To-Raja“, von denen etwa die Hälfte in der Regentschaft Tana Toraja lebt. Es gibt eine Reihe von Untergruppen, die jeweils verschiedene Sprachen bzw. Dialekte sprechen. Die Bare’e-sprechenden Ost-Toraja, denen unser Objekt zuzuweisen ist, werden auch Pamona oder Pamuna genannt. Die Bare’e sind um den Poso-See, den Golf von Tomini und Bare’e ansässig. Besonders bei den Ost-Toraja, die seit alters als „Schmiedevolk“ gelten, wird dem Eisen besondere Bedeutung beigemessen. Jährliche Zeremonien dienen dazu, die „Kraft des Eisens“ (isi waja) und die „Geister der Schmiede“ günstig zu stimmen. Der Grund für diese „Spiritualisierung“ des Eisens dürfte in der Erzeugung durch Schmelzen liegen, die der Transformation und Wiedergeburt irdischer Materie gleichkommt.

Heilige alte Schwerter sind bis heute Gegenstände von großer Bedeutung. Viele Legenden von Gowa enthalten berühmte Schwerter, die nach uralter Tradition bei Heiraten adliger Toraja mit der Herrscherfamilie von Makassar/Bone zwischen den Clans getauscht wurden. Bei den mabugi- und maro-Festivals werden Schwerter für exorzistische Riten verwendet, bei denen man sich in Trance sogar selbst Verletzungen beibringt.

 

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