Metallornament „taiganja“

Das Innere des Ovals ist mit vier Kugeln und einem Riffelmuster verziert. Die Zacken am äußeren Rand stellen Reisähren dar. Oben mittig befindet sich eine Öse für die Aufhängung. Es gibt verschiedene Motive in der Ausarbeitung und die Interpretationen variieren auf Sulawesi von Region zu Region. Zum einen sollen sie Jungfräulichkeit, Reichtum und Unverwundbarkeit symbolisieren, zum anderen dienen sie als Dekoration an den Stirnbändern der Mädchen für den Übergang ins Erwachsenenleben. Er war Schmuckstück für adelige Frauen in muslimischen Küstenregionen oder auch ein Geschenk an die Brauteltern. Für Hochzeiten wurden sie auch in Gruppen an Goldketten als Collier um den Hals getragen. Durch die magischen Kräfte der „taiganja“ wurden sie in speziellen Schmuckkästen im Haus aufbewahrt.

Es gibt eine Reihe von weiteren Interpretationen für die eigenartige Form der taigania. Immer wieder wurde von Kulawi-Autoritäten eine Assoziation mit Geschlechtsorganen hervorgehoben. Die oft aus Kugeln bestehende Gestaltung vor allem im Randbereich und um die zentrale Öffnung wird als „menschliche Eier“ angesprochen, während die Häkchen am Rande verschleiernd als Krabbenscheren bezeichnet werden. Ursprünglich ist dies wohl eine Abschwächung eines makkara-Hauptes bzw. eines aquatischen Urdrachen mit ausgeprägten Zähnen. Das würde sinnfällig bedeuten, dass ein starkes apotropäisches Symbol – der makkara oder Seedrache, als mythische Ur-Schlange oft auch Addressat des Opfers – das Zentralmotiv der die Geburt verkörpernden Vagina schützt. Taiganja sind mit Heirat und Fruchtbarkeit im Rahmen des adat verbunden. Eine andere legitime Form von Fruchtbarkeit als jene im Rahmen der Clanfortsetzung wird übrigens auch nicht in Erwägung gezogen. Auch für geschlechtsspezifische Übergangsriten, wie zum Beispiel der Zahnfeilung mokesa bei den Osttoraja, oder als Kriegsamulett sind taiganja von Bedeutung. Besonders aussagekräftig ist dieser Umstand vor dem Hintergrund ihrer vaginalen Form, da die „Lebensbeschaffung“ die Aufgabe des Kriegers ist. Die Travestie-Schamanen Sigi Kaili, im Toraja- und Bugis-Gebiet – und nicht nur dort – eine bekannte Erscheinung, trugen diese Amulette bei öffentlichen Anlässen, bei denen es um Unheilabwehr und zyklische landwirtschaftliche Schutzzauber ging. Im Kontext der „Hochreligionen“ und ihrer linearen Auffassung kosmologischer Vorgänge ging diese Bedeutung etwas verloren, wenn auch Travestie-Schamanen bis heute in ganz Südostasien wegen ihrer Doppelbedeutung für beide Sphären und die Dualität aller Lebensbereiche von besonderer Bedeutung 

Objekt Metallornament „taiganja“
Kultur Zentral-Sulawesi, Palu, Kaili
Zeit 20. Jahrhundert
Maße H: 6,6 cm, B: 4,5 cm
Material Messing
Weiterführende Literatur Zurück zur Raumansicht